Die Geschichte vom kleinen Tannenbaum

Frei erzählt nach einer Geschichte eines mir unbekannten Autoren

Ein kleiner Tannenbaum stand traurig im Wald. Es war kurz vor Heiligabend. Fast alle Leute aus dem Dorf hatten sich schon ihren Weihnachtsbaum aus dem Wald geholt. Nur ihn schien jeder zu übersehen. Traurig ließ er seine Nadeln hängen. Er hatte sich so bemüht, die Menschen auf sich aufmerksam zu machen. Nichts! Alles vergebens. Die Menschen gingen einfach an ihm vorbei und nahmen einen seiner vielen Kameraden mit nach Hause.
Dabei träumte er doch auch davon, am Heiligabend schön geschmückt zu werden und in die glücklichen Kinderaugen zu sehen, die sich über die Geschenke vom Christkind freuten. Ja, er wollte so gerne ein Christbaum sein.
Neben ihm stand eine uralte Kiefer. Traurig fragte das Tannenbäumchen seinen Nachbarn:
“Sag, bin ich denn so hässlich, dass mich niemand haben will?”
Der alte Baum streichelte die kleine Tanne ganz lieb und brummte:
“Nein, du bist wunderschön. Aber sei doch froh, dass dich niemand mit nach Hause nimmt. Denn, wen man dich holt, erlebst du zwar ein paar wunderschöne Tage, dann jedoch ist alles vorbei und dein Leben endet kahl, ohne deinem wunderschönen Nadelkleid in der Gasse.”
Auch wenn es die kleine Tanne etwas erschreckte, es konnte sie nicht trösten. Zu groß war der Wunsch, ein Christbaum zu sein. Egal, was danach kam, sie wollte im Kreise einer Familie die fröhlichen Kinder erleben.
Plötzlich sah sie einen Mann mit einem kleinen Mädchen, die sich suchend umsahen. Die kleine Tanne stellte ihre Nadeln auf. Reckte sich und streckte sich. In der Hoffnung, dass das kleine Mädchen sie erblicken würde. Und tatsächlich, das Mädchen lief auf die Tanne zu, bewunderte sie und rief zu ihrem Papa:
“Schau, die möchte ich haben!”
Der Vater besah sich die Auswahl seiner Tochter und nickte zufrieden:
„Ja, dies ist genau der Baum, der unser Heim schmücken sollte. Den nehmen wir mit.“
Ein bisschen Angst hatte die kleine Tanne nun doch. Sie musste an das denken, was ihr die Kiefer erzählt hatte. Denn sie hatte ihr auch erzählt, dass man mit einer großen Axt auf sie einschlagen würde. Aber nein, der Mann holte einen Spaten aus einem Sack und grub die kleine Tanne mit ihren Wurzeln aus. Vorsichtig hüllte der Vater dann den Wurzelballen in einen feuchten Sack ein, legte die kleine Tanne behutsam ins Auto und die Reise ging los.
Zuhause angekommen, schleppte die kleine Tochter, zusammen mit ihrem Vater, einen großen Blumentopf herbei. Gemeinsam pflanzten sie den Baum dort hinein. Die kleine Tanne erholte sich rasch von dieser Tortur und stand bald wieder in voller Pracht, im Garten, vor dem Heim des kleinen Mädchens.
Am Heiligabend wurde sie ins warme Wohnzimmer geholt. Miteinander schmückten Vater und Tochter sie mit einem Kleid aus bunten Kugeln, Lametta, Engelshaar und einer strahlenden Lichterkette. Die Tanne war überwältigt. War das schön! Sie schwebte im siebenten Himmel. Auch das kleine Mädchen war überglücklich und tanzte um die Tanne herum.
Dann kam der Weihnachtsmann. Das Erste, was er bemerkte, war:
“Was habt ihr für ein wunderschönes Christbäumchen!”
Dann wurden die Geschenke verteilt. Die kleine Tanne konnte die leuchtenden Augen der Tochter sehen. Es wurde ihr ganz warm. Und vielleicht vergoss sie auch eine kleine Freudenträne aus Harz.
So verbrachte der kleine Baum bis ins neue Jahr im Wohnzimmer. Wurde von allen bewundert, die sie zu Gesicht bekamen und erlebte das glückliche Mädchen, dass mit ihren Geschenken zu ihren Füssen spielte.
Dann wurde ihr der Schmuck behutsam abgetragen und das Mädchen verpackte diesen vorsichtig in vielen kleinen Kisten. Der Vater trug die Tanne in den Garten und pflanzte sie dort ein. Dort wartete sie bis zum nächsten Heiligabend und wurde ein kleines bisschen grösser und stärker. Es kam die Zeit, da war die kleine Tanne so groß, dass sie nicht mehr ins Wohnzimmer passte. Das Mädchen, inzwischen fast erwachsen, hat ihre Tanne dann jedes Jahr im Garten geschmückt.
Und als aus dem Mädchen dann eine Frau und auch Mutter geworden war, stand eines Tages, im Januar, ein kleines Tannenbäumchen neben der nun sehr groß gewordenen, einstmals kleinen Tanne und wurde fortan liebevoll von einem kleinen Mädchen umhegt.

Hintergrund;
Zum Vorlesen im Kindergarten für meine Enkelin Alexandra